Wenn es nach Claudia von Werlhof ginge, ja hätte sie jemals die Gelegenheit dazu gehabt, in dieser Sache Einfluss zu nehmen, so würde es diese Festschrift wahrscheinlich gar nicht geben. Claudia von Werlhof mag zwar in ihrer Erscheinung unübersehbar und in ihren messerscharfen Analysen unüberhörbar sein, doch ist sie zuletzt eine bescheidene Frau, der es … vorwärts
Giaco Schiesser über Oskar Negt/Alexander Kluge: Geschichte und Eigensinn
Schon Gestaltung und Haptik des Buches kündeten 1981 von Erweiterung, Bruch und Transformation ineins: gediegener dunkelblauer Umschlag, Autorennamen und Buchtitel in Goldprägedruck, 1283 Dünndruckseiten, rosa-orange, an die Eleganz und Griffigkeit der Gazzetta dello Sport erinnernd. Die protestantisch-nüchterne MEW-Ausgabe der DDR wurde hier ernstgenommen und ironisch-subversiv unterlaufen: Lust auf Ökonomie, Bedürfnis/Wunsch und Ästhetik verkündete alleine schon … vorwärts
Daniel Strassberg über Gilles Deleuze: Differenz und Wiederholung
Als Gilles Deleuze und Félix Guattari 1972 den Anti-Ödipus veröffentlichten, war das Echo in der Nach-68er-Szene gross: Das Rhizom, die Falte, die Mannigfaltigkeit etc. waren bald in aller Munde. Doch gelesen, geschweige denn verstanden wurde das Buch kaum. Kann man sich aber von einem Buch begeistern lassen, das man nicht versteht? Oder ist dies blosse … vorwärts
Denken und Gedachtes aufheben. Bloch-Wörterbuch. Leitbegriffe der Philosophie Ernst Blochs*
Es gibt nicht viele Leute, die spontan einen Zugang zum Sprachstil von Ernst Bloch (1885–1977) finden. Was also hat es zu bedeuten, wenn das neue «Bloch-Wörterbuch» nicht dazu dienen soll, den Meister des utopischen Denkens zugänglicher zu machen, sondern explizit für die kleine Gemeinde der Bloch-KennerInnen da ist? Gewiss werden sich immer wieder Menschen finden, … vorwärts
Zwischen Marxismus und liberaler Demokratie. Zum 60. Todestag von Franz L. Neumann*
Vor 60 Jahren, am 2. September 1954 kommt Franz Leopold Neumann bei einem Autounfall im schweizerischen Visp (Kanton Wallis) ums Leben. Ein Anlass, an den Juristen und Politologen zu erinnern, der 1933 als Jude und SPD-Aktivist aus Deutschland vertrieben wird und im Exil für die US-Regierung und deren Nachkriegsplanungen für Deutschland tätig war.[1] Neumann gehört … vorwärts
Mailänder Appetithäppchen. Eine Annäherung an den italienischen Differenzfeminismus*
«Die feministische Bewegung ist voll von politischen und philanthropischen Eindringlingen. Wir warnen die männlichen Beobachter, uns zu ihrem Studienobjekt zu machen. Uns interessiert weder ihre Zustimmung noch ihre Polemik. Wir geben ihnen zu verstehen, dass es würdevoller für sie ist, sich nicht einzumischen.» Das war 1970. Die Autorin Carla Lonzi klinkte sich mit ihrem Text … vorwärts
Das Heilige im Staat und das Opfer für den Staat in Paul Kahns Political Theology
An amerikanischen Universitäten lässt sich in den letzten Jahren ein wachendes Interesse für die Konstellation von Fragen und Problemen beobachten, die traditionsgemäss zum Geschäft der «Politischen Theologie» gehören. Damit ist die Tradition politischen Denkens gemeint, die das Verhältnis von Religion, Theologie und Politik zu beleuchten versucht. Diese Renaissance sollte nicht überraschen. Eine Reihe von Ereignissen … vorwärts
Lakima! – den Zipfel bewohnen. Damit endlich Ruhe ist*
Der westasiatische Zipfel, den wir bewohnen, hat nicht mehr Probleme als der Rest der Welt. Selbst in Griechenland lebt es sich noch weit besser als in Marokko oder gar Madagaskar. Wir sind auf diesem Zipfel circa 800 Millionen Menschen, weniger als in Indien oder China. Würden wir unsere Einkommen auch nur einigermassen egalitär verteilen, dann … vorwärts
Mathias Eidenbenz über Claude Lévi-Strauss: Rasse und Geschichte
Manchmal hilft ein Buch. Ich hatte mich in den 1980er Jahren etliche Jahre mit Rassismus beschäftigt. Mit der Rassenpolitik des «Dritten Reichs», ihrer pseudowissenschaftlichen Begründung, mit der Eugenik, ihrer Entstehung, mit der Geschichte der physischen Anthropologie, immer auf der Suche nach den Elementen der Xenophobie und des Rassismus. Eine Menge lässt sich auflösen («analysieren») und … vorwärts
Die Ungleichheitsmaschine. Eine Übersicht zu Capital von Thomas Piketty*
Der Kapitalismus ist eine Ungleichheitsmaschine. Unerlässlich für ihr Funktionieren ist, dass sie ständig durch Beigaben eines «neuen Sinns für Gerechtigkeit»[1] (Stefan Kaufmann) geölt wird. Dazu hat die Publikation Capital in the twenty-first century[2] von Thomas Piketty offenbar beträchtlich beigetragen. Was steckt dahinter? Hat man viel, so wird man bald Noch viel mehr dazubekommen. Heinrich Heine, Weltlauf … vorwärts